
Die neuen Zeitalter
Alix Dudel und Sebastian Albert (Gitarre)
kurz gefasst:
Ein Bertolt-Brecht-Abend mit Vorfilm
Kompositionen von Hanns Eisler, Paul Dessau und
Kurt Weill
zwei Mal 45 Minuten
Was wollen Sie hören?
Das, was Sie erinnern?
Es wird etwas dabei sein.
Und dann werden Sie sich wundern.
Denn das kannten Sie noch nicht.
Seltsam.
Kann ich das noch mal hören?
Was hat er damit gemeint?
Der hat ja Humor!
Und schön ist das, was er sagt.
Manchmal auch traurig.
Aber schön hat er das gesagt.
Und wie er sich auskennt im Menschen.
Das ist schon was.
Bertolt Brecht war ein Genie. Seine Gnadenlosigkeit, seine Klarheit, seine Unverfrorenheit, sein Anspruch, seine Wortwahl, seine Treffsicherheit.
Alix Dudel, die Diseuse mit dem unverwechselbaren Timbre, hat gewählt. Ihre Stimme und Ausdruckskraft lassen seine Bilder lebendig werden. Welche Farben sich dann zeigen im Zusammenspiel mit Sebastian Albert, dem Gitarristen an ihrer Seite, welches Thema sich nach vorn drängt in dieser Zeit, die sich selbst überholt und dabei den Anschluss verliert, das werden Sie erleben.
Eine Collage aus Worten, Liedern und Klängen, die berühren und faszinieren.
Die Lieder stammen von Hanns Eisler, Paul Dessau und Kurt Weill.
Sebastian Albert hat diese Lieder für klassische Gitarre eingerichtet.
Außerdem im Programm: Villa-Lobos Etüde Nr. 11
Erste Aufführungen fanden im November 2013 in Hannover, Bad Essen und Berlin statt.
Rezension vom 6. Juni 2014, Hildesheimer Allgemeine Zeitung:
Mut zur Gegenwart
Diseuse Alix Dudel und Gitarrist Sebastian Albert eröffnen Brecht-Tage im Stadttheater
von Patricia Hempel
Hildesheim. Bei einem Brecht-Abend denkt man sofort an die „Dreigroschenoper“. Auch die steht ab 29. Juni auf dem Spielplan des Stadttheaters. Doch zur Eröffnung der Brecht-Tage gab es „Lieder, Lyrik und Worte“. Alix Dudel und Sebastian Albert legen den Fokus auf unbekanntere Werke des Dichters.
Kein klassischer Liederabend, mit Stücken von Hanns Eisler, Paul Dessau und Kurt Weill, sondern vielmehr eine Brecht-Collage, die von Liedern, Moritaten, Gedichten und Toneinspielungen lebt. Stimmen vom Band bilden Metaphern und Metaebenen zu einzelnen Programmpunkten: kriegerische Kampfrufe bei „An den kleinen Radioapparat“, aus dem die Feinde zu einem sprechen, oder Dudels eigene Stimme, die wie beim Gedicht „Keuschheitsballade in Dur“ ihre Sprechperformance um eine akustische Ebene erweitert.
Im Foyer des Stadttheaters gibt sich die im Hannoverschen Raum aufgewachsene Sängerin und Schauspielerin Alix Dudel selbstbewusst. In gewisser Weise ein Nachhausekommen, schließlich stand sie hier 2006 in Richard Heubergers Operette „Der Opernball“ als Madame Beaubuisson auf der Bühne.
Dudel strahlt das Flair alter Kabarette und Varietés aus. Gesanglich verrucht bis rauchig lässt ihre tiefe Alt-Stimmlage oft an Hildegard Knef oder gar an einen Jüngling denken. Ihr Sprechtimbre durchdringt das Gehör in der Art einer Evelyn Hamann, deren Namen man nicht zuletzt durch Dudels Talent zur darstellerischen Komik assoziiert.
Die Diseuse und ihr Gitarrist Sebastian Albert sind perfekt aufeinander abgestimmt. Bereits 2010 spielten sie gemeinsam Lyrik von Mascha Kaléko. Das CD-Release zum Brecht-Abend ist diesen Herbst geplant. Dudel liebt die Intensität Brecht‘scher Welten, und der Gitarrist die Musik: Das passt zusammen. Dass es sich bei Albert um einen brillanten und einfühlsamen Musiker handelt, zeigt sich nicht nur an seinen solistischen Momenten: virtuos und minimalistisch zugleich. Flageoletts, reduzierte Läufe, der Hamburger setzt immer die richtigen Akzente.
Der Abend ist nicht nur themen- und temporeich, sondern besticht vor allem durch performative Komplexität: Mütter, die ihre Kinder an den Krieg verlieren, durstige Soldaten im Stacheldraht und das kriegsinvalide „rechte“ Schwein mit einem Bein. „Das Lied vom Weib des Soldaten“ in der Version von Hanns Eisler berichtet vom Witwenschleier, der aus Russland die Heimat erreicht. Der „Kirschdieb“ mit geflickter Hose und die „Gardinenpredigt“ fordern: „Küss doch mal wieder mit der Zung.“
In der Zeit von Bertolt Brecht durfte es keine trüben Abende geben, so wird Ernst immer wieder zu Komik. Für Alix Dudel hat sein Werk nichts an Aktualität verloren. Frei nach dem Motto: „Das neue Fleisch wird mit den alten Gabeln gegessen“ ändern sich zwar Zeiten – doch Menschen bleiben gleich.
(Bildunterschrift: Alix Dudel erzählt mit Humor von gar nicht so rosigen Zeiten)